Freitag, 9. März 2007

Warum Cicero ein guter Kandidat für den Grand-Prix ist

Gestern abend hat ja der Swing-Sänger Roger Cicero (36) den Vorentscheid für den Eurovision Song Contest gewonnen. Eigentlich überraschend, weil man dachte, dass die Konkurrenzband Monrose, die ja durch die Casting-Show Popstars in der letzten Zeit insbesondere bei den televotingwilligen jungen Zuschauern sehr populär gemacht worden ist, dass die wie schon vor drei Jahren Stefan Raabs Castingshowkandidat Max sich den Sieg locker mit nach Hause hätte nehmen können. Und das dachten wohl auch die drei Sängerinnen selber, denn sie freuten sich nach der Ergebnisverkündung nicht etwa wie sonst bei DSDS oder Popstars "wie selbstverständlich" für den Konkurrenten (selbst Daniel Lopes hatte damals in DSDS 1 ja noch anstandsweise für Daniel Küblböck geklatscht, als einer von ihnen beiden raus musste und er es schließlich war), sondern waren sichtlich enttäuscht und erst einmal mit sich selbst beschäftigt.

Aber es ist wohl auch gut so. Denn der Monrose-Song "Even heaven cries" wäre, obwohl er heute viel besser dargebracht wurde als in früheren Auftritten, doch etwas zu monoton und einschläfernd gewesen (Hasenclinic berichtete), eher eine Ballade für die einsamen Stunden als für so ein Großereignis. Da kann Monrose vielleicht noch von Glück reden, dass sie an einer höchstwahrscheinlichen Blamage als quasi "etablierte" Band mit dann unerwartet wenig Punkten gerade noch vorbeigeschrammt sind. Von Gracia nämlich, die vor zwei Jahren den letzten Platz machte, hat man in der Zwischenzeit auch kaum noch was gehört.

Nun aber endlich zu den Gründen, warum Ciceros Song echte Chancen beim ESC haben kann:

Zunächst einmal ist das Swing. Manche mögen behaupten, das sei ein "Nischenmusikstil" wie vor einem Jahr Texas Lightning mit ihrer Country-Musik, aber da ist diesen Leuten offensichtlich entgangen, wie häufig heutzutage in der Fernsehwerbung Swing vorkommt! Das hat seinen guten Grund, denn Swing ist irgendwie verbindend, etwas für alle, vom Klassik-Fan über den Schlager-Fan bis hin zum pop- und rockfanatischen Jugendlichen. Beweis siehe Robby Williams. Swing ist feierlich, emotional, edel und trotzdem cool und fetzig, witzig, groovig obendrein, vereint also viele begehrte Eigenschaften auf einem Fleck. Will sich vielleicht nicht jeder stundenlang anhören, ab und zu aber, und vor allem als Krönung einer großen Show, da geht fast jedem das Herz auf! In Osteuropa ist darüberhinaus Jazz sowieso in.

Dann der Text und das Thema: "Frauen regier'n die Welt." Da schmunzelt doch jeder in der Familie, obs der Ehemann ist, die Frau selbst, die Tochter, der Sohn mit seiner Freundin. Im Liedtext ist jede Stufe von frühester Jugend bis zum "Nerz-Zeitalter" abgedeckt, und mit so einem Seitenhieb wie "Wie sie dich anseh'n - Und schon öffnen sich Tasche und Herz" ist's auch keine plumpe Anbiederung an das andere Geschlecht allein. Vor allem ist der Inhalt schlichtweg hochaktuell: in Deutschland herrscht eine Kanzlerin, in den USA und in Frankreich stehen Regierungscheffinen in den Startlöchern, in weiteren Ländern ist auch schon längst eine Frauen an der Macht. Und ein wenig steckt in dem Lied schon auch die Hoffnung, dass es mit Frauen an der Macht eine bessere Welt geben könnte, in Zeiten von Krieg und Terror also eine wirklich positive politische Botschaft obendrein. Dass das Geschlechterthema beim Publikum gut ankommt, hat übrigens Cicero selbst mit seinem Platinalbum vom letzten Jahr zu ebendieser Thematik bewiesen. Und was die sprachliche Verständlichkeit angeht: Wenn selbst in Moskau die Fans von Tokio Hotel ihre Liedtexte begeistert mitsingen können...

Ein gefährlicher Punkt ist allerdings Roger Cicero selbst. Beim Vorentscheid war er extremst aufgeregt, sein Gesang im Vergleich zur Aufnahme trotz solider Technik schlichtweg zu farblos, da fehlte plötzlich der gewohnte Witz und sogar etwas der Groove. Da gibts sicherlich andere, die weit besser die Sau rauslassen können. Zudem klang auch das Arrangement dort im Gegensatz zum Original erschreckend flach und unabgestuft, und das kann bei einem Jazz-Stück den Unterschied zwischen "atemberaubend" und "langweilig" ausmachen! Bleibt also zu hoffen, dass sich die Interpreten am 12. Mai in Helsinki geschickt genug anstellen...

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