Freitag, 9. Februar 2007

Wir sind Helden vs. Juli vs. Silbermond - Ein Vergleich

Die deutschsprachige Popmusik hat in den letzten Jahren unter anderem drei besondere Prachtrösser hervorgebracht, die aufgrund ihrer Besetzung und ihrem Charakter gut zu vergleichen sind: Die "4 Instrumentalisten + 1 Sängerin"-Bands Wir sind Helden, Juli und Silbermond. Alle drei haben Preise gewonnen und singen in ausverkauften Hallen. Alle drei werden als authentisch und integer wahrgenommen, wenn sie von all den ernsten Themen singen, die (nicht nur) die Jugend bewegen. Keine lauten, provokanten Skandalschreie, aber auch kein seichter Kitsch. Durchaus zu vollstem Instrumentalklang fähig, aber als Ausgleich stets die sanfte, schlichte Stimme der Sängerin.

Wir sind Helden ist quasi das Urgestein dieser Bands. Sie sind schon etwas frecher als die zwei anderen, ihr erster Erfolg war ja auch der gesellschaftskritische Song "Guten Tag". Doch immer bleibt dabei auch so eine Art humorvolle Note. Thematische Quelle ist hier stets die Sängerin und Texterin Judith Holfelder von der Tann, die vor Gründung der Band auch so etwas Ähnliches gemacht hat, solo mit Gitarre und veröffentlicht im heutzutage vergriffenen, damals kaum auf Echo stoßenden Album "Kamikazefliege". Neben dem frechem Humor, immer als Nebenerscheinung von gesellschaftskritischen Themen, gibts natürlich auch die sensiblen Töne, das wiederum immer gepaart mit den intimen, emotionalen Themen. Die Texte sind schon recht geistreich gemacht, vielleicht literarisch schon zu gut, dass manche sie für "unsinig" halten. Ein wichtiger Punkt bei allen dreien dieser deutsch singenden Bands ist übrigens, dass sie nicht nur über Liebe, sondern auch Freundschaft oder die Herausforderungen des Leben singen, ein fast gewichtigerer Teil im Leben (nicht nur) der jungen Zuhörer. Und das zeichnet sie nochmals vor der bisherigen deutschen Herz-Schmerz-Schlagermusik und der ganzen englischen "I love you so"-Abteilung aus.



Juli nimmt altersmäßig die Mittelposition unter den drei Bands ein. Während WsH manchmal schon ins Kabarett gehende Züge aufweist, ist diese Tendenz den fünf von Juli sicherlich eher fern. Die Stimme der Sängerin Eva Briegel klingt von allen dreien am schlichtesten, die gesamte Musik ist von der Thematik her wohl auch die schlichteste, dadurch aber eben auch die ungekünstelteste. Auffällig ist, dass besonders hier ein eingängiger Refrain immer von großer Dominanz ist, kaum fängt das Stück an, kommt er schon, und wird dann auch oft genug wiederholt. Kommerziell sind sie wohl auch die kooperativsten von den dreien, lassen sich von diversen Internettplattformen (studivz, pop24) beispielsweise einspannen. Wie gesagt, eben auch die ungekünstelteste Band und dadurch nicht umbedingt uneindringlicher.

Video: Juli - Wir beide

Bleibt Silbermond, die jüngste Musikgruppe. Die Sängerin Stephanie Kloß wirkt paradoxerweise fast am reifestesten von allen dreien. Sie hat einen weitaus ausdrucksbetonteren Gesangsstil als Briegel, was aber nicht heißt, dass Juli von der tatsächlichen Ausdruckskraft schwächer sein müsste, eher: anders. Auch ist die Musik trotz des jüngeren Alters durchaus "schwerer" als die Musik der beiden anderen Gruppen, der Debutsong Symphonie beispielsweise ist viel komplizierter im Ausdruck und weniger eingängig als z. B. "Geile Zeit" von Juli, und auch darauffolgende Publikationen schließen sich an diesen tragenderen Charakter mutig an, anstatt zur Abwechslung gleich mal einen Gegensatz schaffen zu wollen. Bisheriger Höhepunkt der Kunstfertigkeit von Silbermond mag der Song "Das Beste" sein. Die Souveränität, mit der hier der Rhythmus behandelt wird, sprich, wie man sich über konventionelle rhythmische Modelle von musikalischen Betonungen und Schwerpunkten zu Gunsten eines umso natürlicher und authentischer klingenden Textes hinwegsetzt, sie ist herausragend. Und ebenso mutig, ein so offensichtliches Liebesbekenntnis auszusprechen, was extrem nah an der Grenze ist, zu viel des Guten zu sein, aber es dann doch durch die Art der Präsentation grad noch nicht ist - umso reizvoller. Insgesamt betrachtet aber besteht gerade bei Silbermond eine Tendenz, vielleicht zu sehr in den Bereich der blanken Liebesschwüre zu driften.

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